Öffne deinen Mund für den Stummen, für den Rechtsanspruch aller Schwachen!
– Sprüche 31,8
Schauen wir uns einmal gemeinsam diesen Vers aus Sprüche 31 an: Wir sollen für jemand anderen den Mund öffnen, also reden. Reden, weil dieser andere stumm ist oder weil er schwach ist. Anders gesagt: Weil er oder sie es nicht kann. Und das Ganze soll mit dem Ziel geschehen, dem anderen Recht zu verschaffen. Soweit zur Theorie. Klingt irgendwie logisch. Klingt auch wie eine nette Geste und eine sinnvolle Aufforderung. Wie kann ich das nun auf mein Leben anwenden? Wo sind Menschen in meinem Leben, die nicht für sich selbst sprechen können und denen ich Recht verschaffen soll? Und wie kann ich ihnen helfen?
Lasst uns zusammen darüber nachdenken, wann wir vielleicht selbst stumm wären.
Stellt euch folgendes vor: Ein großes Meeting mit vielen höher gestellten Personen. Der Chef macht deine Arbeit nieder, weil sie nicht seinem persönlichen Geschmack entspricht. Du hast dir eigentlich die größte Mühe gegeben und lange daran gearbeitet. Würdest du für dich einstehen oder bleibst du einfach stumm? Das ist sicherlich eine Typfrage. Aber es gibt bestimmt Menschen (so wie mich), die dann nicht den Mut hätten, sich zu verteidigen. Das lässt sich auf andere Situationen übertragen, in denen unser Gegenüber einschüchternd wirkt oder keinen Respekt zeigt.
Es könnte auch vorkommen, dass dich ein System (wie das Gesundheitssystem) benachteiligt, du aber niemanden als Sprachrohr hast, etwas dazu zu sagen. Das kann beispielsweise in der Politik vorkommen, aber auch auf der Arbeit oder in der Gemeinde. Wenn du nicht weißt, mit wem du darüber reden kannst, bleibst du gezwungenermaßen auch stumm.
In einer anderen Situation, würdest du dir gerne selbst Recht verschaffen, aber es fehlen dir die richtigen Worte. Beispielsweise könntest du dich von einer Freundin/ einem Freund unfair behandelt fühlen, aber du weißt nicht, wie du es ansprechen sollst. Manchmal fehlt uns einfach der Mut. Auch dann sind wir stumm.
Wenn wir darauf achten, gibt es einige solcher Situationen in unserem Leben, in denen wir oder andere stumm bleiben, aber eigentlich im Recht wären. Wie bekommen wir nun mit, dass unsere Mitmenschen sich in dieser Lage befinden? Ich denke, das hat viel mit Empathie und Zuhören zu tun. Vielleicht erzählt mir mein Kollege von einer Begebenheit oder ich spüre in einer Diskussion, dass jemand gerne etwas sagen würde, aber nicht den Mut findet.
Und wie können wir praktisch helfen? In dem Vers ging es ja darum, unseren Mund für den anderen zu öffnen.
Das können wir zunächst und immer im Gebet. Wir können für den anderen beten, dass er sich nicht einschüchtern lässt oder Mut und die richtigen Worte findet. Oder dass Gott Möglichkeiten schenkt auch in großen Strukturen Änderung zu bewirken. Ich denke, dass man da viele Ansatzpunkte für ein Gebet finden kann.
Aber auch praktisch können wir etwas tun. Wann auch immer wir uns in einer Position befinden, in der wir etwas verändern können, dann sollten wir das auch tun. Zum Beispiel, wenn uns jemand in der Gemeinde von einer der obigen Situationen erzählt, oder wir sie in der Gemeinde erleben. Falls es ein Arbeitskollege war, von dem wir mitbekommen haben, dass er selbst nicht für sich sprechen konnte: Dann können wir uns beim nächsten Gespräch mit dem Vorgesetzten oder im nächsten Meeting für ihn einsetzen. Einfach gut über diese Person reden, kann auch viel bewirken. Und natürlich können wir, wenn wir anwesend sind, auch einschreiten und die Person verteidigen.
Es gibt noch unzählige andere Möglichkeiten. Ihr wisst wahrscheinlich selbst am besten, wie ihr demjenigen mit euren Worten etwas Gutes tun könnt.
Ich hoffe, ihr habt nun ein paar Ideen bekommen, was dieser Monatsvers ganz praktisch heißen kann. Lasst uns in der nächsten Zeit erstens in unserem Umfeld darauf achten, wo Menschen stumm sind, obwohl sie sich im Recht befinden. Und zweitens dann auch unseren Mund für diese Menschen öffnen und uns von Gott gebrauchen lassen. Er wird uns dazu befähigen, wenn wir ihn darum bitten.
Sabrina Klein