Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.
– Sprüche 3,27
Liebe Freunde und Besucher der Ev. Gemeinschaft Kredenbach,
so viele Bedürftige wie aktuell hat es in unserem Blickfeld schon lange nicht mehr gegeben. Da kann man in Siegen lange Schlangen vor der Ausgabe der Tafel beobachten. Da ist für immer mehr Menschen am
Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig. Wenn man etwas weitersieht, fallen einem sofort Kriegs- und Erdbebenopfer in der Ukraine, in der Türkei und Syrien ein. Ganz zu schweigen von den Regionen außerhalb Europas, in denen die Menschen seit Jahrzehnten vor allem ums Überleben kämpfen.
Bei allem Fortschritt: Der Impuls unseres „Sprüche“-Schreibers im alten Bibelbuch ist topaktuell!
Lasse ich mich dadurch anstoßen?
Ich erinnere mich, wie ich vor einiger Zeit an einem bettelnden Mann vorbei in den Mainzer Dom gegangen bin, um diesen erstmals zu besichtigen. Offensichtlich war der Mann arm, und eher nicht einer organisierten Bettelgruppe zugehörig. Ich gab (mal wieder) nichts, aber es beschäftigte mich noch länger.
Denn: Er war bedürftig, und ich hätte geben können.
Nun tendiere ich dazu, mich innerlich zu rechtfertigen mit z.B. dem Argument, ich spende ja viel strukturiert an Menschen oder Organisationen, bei denen ich recht gut weiß, dass es auch sinnvoll verwendet wird.
Aber ist das nicht zu kopflastig? Geht es nicht gerade um das Kleingeld, die spontane Entscheidung, die manche Menschen brauchen?
Geht es nicht auch um mich? Eine Grundeinstellung des Gebens verändert doch vor allem mich selber! Beim Geben wird mir immer klarer, dass ich eigentlich der Beschenkte bin, das Viele, das ich besitze, nur
auf Vertrauensbasis von meinem Herrn bekommen habe. Es geht ja auch nicht nur ums Geld. Es geht nicht nur um Materielles. Wertvoll für andere können doch auch meine Zeit, meine Talente, ich als Mensch sein!
Wenn du es vermagst: Gott selber hat sich nach diesem Grundsatz verhalten. Er vermochte uns zu
erschaffen, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, uns mit vielem zu beschenken. Und deshalb tat er es. Er rechnete nicht auf. Seine Barmherzigkeit ist eine grundsätzliche Eigenschaft seines Wesens. Deshalb kam Jesus in menschlicher Gestalt und schenkte sein Leben für uns.
Dafür gab es keinen Rechtsanspruch von unserer Seite. Es war seine freie Entscheidung. Sie gilt. Und
deshalb ist unsere kleine Barmherzigkeit, die wir praktizieren können, unsere freie Entscheidung. Sie macht uns nicht gerechter, wir dürfen es schon sein. Aber sie hilft uns, im Bedürftigen Jesus selbst zu
erkennen, Gottes Wesen besser zu verstehen. Wir werden weise, unsere eigene Bedürftigkeit zu
akzeptieren. Und wir werden dadurch gesegnet, das hat er uns versprochen.
Martin Luther hat am Ende seines Lebens schriftlich hinterlassen: Wir sind Bettler, das ist wahr.
Wie wahr!
Eine gesegnete großzügige barmherzige Zeit
Euer
Christoph Blanke